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Kinder | Wie man Kindern alle Chancen gibt,
als Erwachsene ein gesundes Leben zu führen
Markus Hitzler
Betrachten wir die Maßnahmen zur Gesunderhaltung der Menschen seitens der konventionellen Medizin, so liegt eines auf der Hand: Reines Vermeiden oder Bekämpfen von Krankheiten ist nicht zielführend für den Erhalt einer gesunden Menschheit. Denn trotz immer höherer Gesundheitsstandards ist bekannt, dass Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen, immer häufiger in der westlichen Welt auftreten. Hier sprechen wir noch gar nicht von Krankheitsbildern wie Adipositas (krankhafte Fettleibigkeit) oder diversen Allergien.
Offensichtlich stehen die, großteils nur reagierenden, konventionellen Gesundheitssysteme vor einem fast unlösbaren Problem – die Menschen leben zwar länger, aber trotz der hilfegebenden Maßnahmen nicht zwingend gesünder.1
Es ist die Eigeninitiative der gesundheitsbewusst denkenden Person gefragt, selbstständig – wenn nötig unter professioneller Betreuung – Gesundheitsförderung auf Basis eines gesunden Lebensstils zu betreiben. Was ist aber mit unseren Kindern, die noch nicht dazu in der Lage sind, für sich selbst und über ihre Gesundheitsmaßnahmen zu entscheiden? Hier liegt es bis zu einem gewissen Alter des Kindes bei den Erziehungsberechtigten, Entscheidungen zu treffen und Wege für das spätere Leben aufzubereiten.
Bei all den modernen Angeboten der Gesundheitsförderung und ihren Spezialisierungen, ist dies oft kein leichtes Vorhaben. Wie ermögliche ich meinem Kind, heute und auch später als Erwachsener, ein gesundes Leben führen zu können, ohne es gleichermaßen einzuschränken und in eine Richtung zu drängen, die vielleicht gar nicht seine Wahl gewesen wäre?
Um diese Thematik geht es in dem vorliegenden Artikel: Wie schaffen wir es, unseren Kindern alle Chancen für ein späteres, gesundes Leben zu eröffnen?
Als erstes werden wir mit einem vermeidlichen Irrglauben aufräumen. Auch wenn es um die positive Entwicklung unserer Kinder geht, verändern müssen wir uns. Ein ungesunder Lebensstil ist nicht die Schuld des Kindes, sondern obliegt der Verantwortung der Erwachsenen. Nicht zu unterschätzen ist in diesem Zusammenhang die Vorbildwirkung, die auch für das spätere Leben der Kinder bedeutend ist.
Wenn wir also wirklich nachhaltig die Gesundheit unserer Kinder fördern wollen, müssen wir selbst gesünder leben. Dies mag vielleicht auf Ablehnung stoßen – bei näherem Betrachten ist das aber eine Win-Win-Situation.
Leben wir gesund, so werden unsere Kinder dies als gut empfinden und für ihr späteres Leben übernehmen.
Wichtig ist, dabei authentisch zu bleiben. Kinder haben feine Antennen und merken, was Schauspiel ist und welche gesunden Inhalte wirkliche Relevanz haben.
Warum kann ich diese Aussage tätigen? Aufgrund der modernen Forschungen im Bereich der Mind-Body-Medicine und ihrer Unterdisziplin – der Psychoneuroimmunologie – weiß man heute, dass rund 99% aller modernen Krankheitsbilder, mit denen die westliche Bevölkerung konfrontiert ist, verhaltensresultierend sind. Als Rückschluss kann man sagen, dass der verschwindend geringe Prozentsatz von nur 1% aufgrund unserer Genetik entsteht.
Spinnt man das Rad weiter, so stellt sich die Frage, wann und wie dieses Verhalten gelernt wird, das diese Krankheitsbilder bedingt? Aufgrund der Neurowissenschaft ist bekannt, dass ein Großteil des tief gespeicherten, menschlichen Verhaltens im Alter von 0-7 Jahren gelernt wird. In diesem Alter besitzt das Kind, aufgrund der vorwiegenden Gehirnwellen-Frequenz des Theta-Zustandes, in dem es sich befindet (vergleichbar mit einer tiefen Meditation oder einem Dämmerschlaf), sozusagen einen unreflektierten Aufnahmemodus. Alles, was erwachsene Bezugspersonen sagen oder tun, gleich ob Positives oder Negatives, wird als gegeben hingenommen und für das eigene spätere Verhalten als normal gespeichert.2 Nimmt man das Wachstum des Gehirns von Kindern als Maßstab, so liegt sogar nahe, dass Kinder einen Großteil des Verhaltens in den ersten drei Lebensjahren lernen, da hier das Gehirn bereits bis auf 90% seiner späteren Größe des Erwachsenen wächst und mit Informationen gefüllt wird.
Dies ist auch der Grund, weshalb vorleben wirksamer als predigen ist.
Kinder in den ersten drei Lebensjahren lernen durch berühren, beobachten und ausprobieren.3
Lassen Sie uns gesund leben und gute Vorbilder sein – so werden unsere Kinder bereits viel über ein gesundes Leben erfahren und es auch später selbst ähnlich leben wollen.
Es gibt heutzutage etliche Möglichkeiten, sich gesund zu ernähren bzw. Sport zu treiben. Auch für Kinder gibt es bereits ein reiches Angebot an differenzierten Freizeitaktivitäten zur Gesundheitsförderung. Was soll man nun für sein Kind wählen, wenn man sich selbst das Ziel setzt, ihm für sein späteres Leben möglichst viele gesunde Optionen offen zu lassen? Was tun, wenn man sein Kind zwar unterstützen, aber nicht einengend prägen will?
Es gibt aus der Sicht der komplementären Gesundheitsförderung grundsätzlich fünf bodenständige und universelle Bereiche, welche bewusst positiv ausgerichtet werden sollten, um ein gutes und gesundes Leben führen zu können. Dies ist sowohl bei Erwachsenen notwendig als auch schon bei Kindern möglich.
Abb. 1: Bereiche der ganzheitlichen Gesundheit
Bewegung
In der allgemeinen Sport-Trainingslehre heißt es, dass Kinder bis zum 10. Lebensjahr multisportiv erzogen werden sollten und ab ca. diesem Alter die Spezialisierung auf eine Sportart stattfinden sollte, wenn man den Sport später wirklich gut beherrschen möchte. Aus gesundheitlicher Sicht – im Speziellen bezogen auf den Bewegungsapparat – wäre es wünschenswert, sich niemals auf einen Sport zu spezialisieren. Denn Spezialisierung bedeutet sehr oft die Einengung der möglichen Bewegungsmuster auf wenige monotone Bewegungen, was Disbalancen des Bewegungsapparates verursachen kann.
Sport ist Bewegung – Bewegung ist aber nicht unbedingt Sport. Wir sollten unseren Kindern also ein bewegtes und abwechslungsreiches Leben vorleben und viel mit ihnen unternehmen: in die freie Natur gehen (natürlich zu Fuß), Sport treiben (bitte den Abwechslungsreichtum und Ausgleich beachten) und vieles anders mehr.
Ernährung
Wenn Sie über gute und gesunde Ernährung recherchieren, kommen Sie schnell zum Thema „Diäten“ bzw. „eingeengte Ernährungsformen“. Beides ist für Kinder ungeeignet, da man seine späteren Ernährungsgewohnheiten nicht dauerhaft einschränkend prägt. Oft sind es die einfachen Dinge, an die wir uns erinnern müssen:
1. Essen Sie – ja, wieder Sie sind das Vorbild – hochwertige und frische Nahrung. Dies schaffen Sie am besten, indem Sie zu regionalen und saisonalen Produkten greifen.
2. Essen Sie – wenn Sie Fleisch und Milchprodukte gerne essen – ruhig weniger davon, aber dafür hochwertig.
3. Essen Sie nach Hunger und nicht nach Appetit.
Bedenken Sie bei dem Thema Ernährung auch, dass jeder Mensch eine gewisse Konstitution mit sich bringt.
Alle meine Aussagen zum Bereich der Ernährung treffen nur insofern zu, als keine gesundheitlichen Grunderkrankungen vorhanden sind (z.B. Laktoseintoleranz, Diabetes, usw.).
Sollten Sie für sich selbst die Wahl getroffen haben, eine dauerhafte Ernährungsform (vegetarisch, vegan etc.) zu praktizieren und das auch ihrem Kind vermitteln wollen, so ist dies natürlich Ihre freie Entscheidung – bedenken Sie jedoch:
1. Ist das auch die Entscheidung, die Ihr Kind in späteren Jahren treffen könnte?
2. Trotz des Verzichts auf diverse Nahrungsmittel sollte eine ausgewogene, lebendige und gesunde Ernährung sichergestellt sein.
Regeneration und Schlaf
Bei Regeneration denken wir nur zu gerne an Sauna, Massagen, Meditationen, Wellnessurlaub usw. Wir bedenken nicht, dass der Schlaf die menschlich natürlichste und essentiellste Form der Regeneration ist. Hier rasten Körper und rationaler Geist, und bei einem guten Schlaf heilt der Körper seine kleinen Blessuren selbst. Erholsamer Schlaf kann gelernt werden – besonders im Kindesalter. Da der Mensch genau genommen ein tagaktives Säugetier ist, ist der erholsamste Schlaf für ihn angepasst an den Tag-Nacht-Licht-Rhythmus. Konkreter gesagt ist der Schlaf vor Mitternacht der erholsamste. Nach 3 Uhr morgens ist erwiesen, dass der Schlaf nicht mehr zum Abbau des Stresshormons Cortisol beiträgt und daher nur mehr gering regenerativ ist.4
Lassen Sie uns daher versuchen, selbst einen frühen Bett-Geh-Rhythmus und ein frühes Aufstehen am Morgen vorzuleben. Gut wäre für Erwachsene mindestens ein voller Schlafzyklus inkl. aller Tief- und Leichtschlafphasen vor Mitternacht – dieser dauert beim Menschen durchschnittlich 90 Minuten. Am besten sind Kinder morgens aktiv und kreativ; gegen Abend sollten sie den Tag ausklingen lassen und ruhigeren Aktivitäten nachgehen.
Mentale Gesundheit und soziale Interaktion
Wie Sie in Abb. 1 sehen können, befinden sich die Themen, Bewegung, Ernährung und Regeneration auf einer gleichwertigen Ebene in Bezug auf deren Wichtigkeit.
Die Bereiche der mentalen Gesundheit und der sozialen Interaktion bzw. positiven Kommunikation mit dem Umfeld hat sowohl für Kinder, aber auch für Erwachsene eine übergeordnete Stellung.
Das Thema „mentale Gesundheit“ ist ein breites Feld, das in den letzten Jahren – gerechtfertigter Weise – immer mehr Aufmerksamkeit erhält. Daher existieren auch hier viele verschiedene Philosophien und Praktiken. In Summe geht es für uns Erwachsene in diesem Fall darum, Kindern eine positive, aber realistische Lebenseinstellung vorzuleben.
Denn übermäßige Negativität bedeutet Stress für Geist und Körper und begünstigt früher oder später das Entstehen von Krankheiten.
Auch gesundheitsfördernde Maßnahmen können Stress bedeuten, wenn sie als negativ empfunden werden. Deshalb sollten Kinder bei den Entscheidungen ab einem gewissen Alter „mit ins Boot“ genommen werden.
Positiver sozialer Kontakt zum Umfeld ist für unsere mentale Gesundheit immens wichtig. Wir sind kommunikative Lebewesen, die für gewöhnlich nicht in völliger Einsamkeit leben können. Besonders bei Kindern kommt die Kommunikation über positive körperliche Berührung hinzu. Es ist erwiesen, dass Erwachsene positiver miteinander agieren, wenn in der Kommunikation wohlwollender und freundlicher Körperkontakt inkludiert ist.
Für das gesunde Heranwachsen von Kindern ist der Körperkontakt zu ihren Bezugspersonen sogar entscheidend.
In Zeiten der digitalen Kommunikation und der Bedenken vor sexuellen Übergriffen wird selbst die physisch harmlose Interaktion immer weiter verringert. Auch hier ist es wünschenswert, dass Kinder einen natürlichen Umgang mit ihrem Körper und dem positiven physischen Kontakt vermittelt bekommen. Denn nur so kann der spätere Erwachsene in diesem Bereich ohne Defizite agieren.
Fazit
Sollten Sie Zweifel bezüglich Ihrer Herangehensweise an das Thema „Gesundheitsförderung für mein Kind“ haben, besinnen Sie sich auf Ihre Wurzeln. Wenn man still wird und in sich hinein hört, dann präsentiert die innere Stimme meistens die richtige Lösung. Fortschritt und Weiterentwicklung sind eine gute und notwendige Sache – in Bezug auf die Gesundheit sind eine gewisse Ursprünglichkeit und ein konservativer Hausverstand oftmals genau richtig.
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Über den Autor:
Markus Hitzler, MBA ist Gesundheits-Coach, tätig in den Bereichen Health-Management, mentale Gesundheit und körperliche Gesundheit. Neben einem akademischen Abschluss in Health-Management an der Middlesex University in London (Schwerpunkt komplementäre Methoden und mentale Gesundheit), hat er verschiedene Ausbildungen im Bereich der Körpertherapie und in mentalen Trainings. Abseits seiner Expertise im Bereich Gesundheit, hat er Professionen im Bereich Wirtschaft und Sportunterricht (Tennis und Fitnesstraining). Er beschäftigt sich privat mit dem Thema der komplementären Gesundheitsförderung seit rund 20 Jahren und betreibt seit 2012 eine eigene Praxis für komplementäre Gesundheitsförderung in Wien. Er ist weiter Autor von mehr als 20 Ratgebern im Bereich Gesundheitsförderung und hält Vorträge, Workshops und Seminare zu diesem Themengebiet.
Kontakt: www.markus-hitzler.at
Literaturhinweise
[1] Gerd Reuther – Der betrogene Patient: Ein Arzt deckt auf, warum Ihr Leben in Gefahr ist, wenn Sie sich medizinisch behandeln lassenGebundenes Buch–2017
[2] Bruce Lipton, PHD – Berührende Biologie – Befreiung aus der Zellprogrammierung (DVD) – 2014
[3] Ashley Montagu – Körperkontakt. Die Bedeutung der Haut für die Entwicklung des Menschen – 2015
[4] Georg Parlow – Zart besaitet: Selbstverständnis, Selbstachtung und Selbsthilfe für hochsensible Menschen – 2015