Wehret den Anfängen

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  • Beitrags-Kategorie:Gesundheit
  • Beitrag zuletzt geändert am:15. April 2023
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Gesund alt werden | Der Weg zu einem starken Immunsystem und lebenslanger Gesundheit 

Wie ein Drittel aller Demenzfälle verhindert werden kann 


Deepak Chopra 

Ende Juli 2017 ging eine ganz erstaunliche medizinische Geschichte durch die Medien. Sie war wie die Spitze eines Eisbergs, was allerdings damals nur wenige mitbekamen. Zu laut war das Hintergrundrauschen der Berichterstattung über angebliche Gesundheitsrisiken, vor denen man sich zu hüten habe, wie zum Beispiel: mehr als 55 Stunden pro Woche zu arbeiten oder die mangelnde Jodaufnahme bei Schwangeren. 

Eins jedoch war anders. Vierundzwanzig Experten für Altersdemenz – die größte Gesundheitsgefahr weltweit – waren gebeten worden, die Möglichkeit einer Vorbeugung aller Demenzarten zu bewerten, einschließlich der Alzheimer-Krankheit. Ihr Fazit, veröffentlicht in der renommierten britischen medizinischen Fachzeitschrift The Lancet, lautete: 

Ein Drittel aller Demenzfälle kann verhindert werden. 

Da es derzeit weder eine medikamentöse Therapie noch präventive Maßnahmen gibt, war das eine durchaus überraschende Nachricht. 

Was war nun der Schlüssel bei der Vorbeugung von Demenz? Kurz gesagt, eine Veränderung des Lebensstils, wobei der Fokus in jedem Lebensabschnitt etwas anders liegt. Die Experten wählten neun spezifische Faktoren aus, die für rund 35 Prozent aller Demenzfälle verantwortlich sind: „Bei der Verminderung der Risikofaktoren machen Schulbildung (bis zum Alter von fünfzehn Jahren), die Verringerung von Bluthochdruck, Fettleibigkeit und Diabetes, die Vermeidung beziehungsweise Behandlung eines Hörverlusts in den mittleren Jahren, das Nichtrauchen, Bewegung und die Behandlung von Depressionen und sozialer Isolation im späteren Leben einen Riesenunterschied.“ 

Ein Punkt auf der Liste war verblüffend: der Schulbesuch bis mindestens zum 15. Lebensjahr. Was in aller Welt war das? Der Schrecken des Alters sollte mit dem Verhalten als Teenager in Zusammenhang stehen? Seltsam mutete auch an, dass die Behandlung eines Hörverlustes im mittleren Alter mit einem geringeren Demenzrisiko verbunden war. Das war nun allerdings mal etwas Neues. Bei genauerer Betrachtung signalisierte diese Nachricht einen geradezu revolutionären Trend in der Medizin. 

Nicht nur bei der Demenz, sondern auf breiter Front sind Forscher dabei, die Zeitachse von Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Krebs, Diabetes und sogar Depression und Schizophrenie drastisch zu verschieben. Mal angenommen, Sie ziehen sich eine Wintergrippe zu. Sie bemerken die Symptome und stellen verärgert fest, dass Sie sich ein paar Tage vorher mit einem Erkältungsvirus angesteckt haben. Die Inkubationszeit war kurz und unsichtbar; nur die Symptome waren am Ende verräterisch. 

Lebensstilbezogene Erkrankungen jedoch sind ganz anders. Ihre Inkubationszeit ist ebenfalls unsichtbar, aber zugleich sehr lang, nämlich Jahre und Jahrzehnte. 

Diese einfache Tatsache wurde im medizinischen Denken immer wichtiger. Vielleicht ist sie der größte bestimmende Faktor dafür, wer einmal krank werden wird und wer gesund bleibt. 

Wenn bereits Symptome aufgetreten sind, berufen sich Therapeuten nicht mehr auf Zivilisationskrankheiten. Besteht ein hohes Risiko zu erkranken, gehen sie nun in der Zeitachse zwanzig bis dreißig Jahre zurück und untersuchen, was ein normales und gesundes Leben im Verlauf ausmacht. 

Ein neues Bild des Krankseins schält sich heraus, und das ist eine sehr gute Neuigkeit. Durch ein gesundes Leben von Anfang an lassen sich die vielen Schrecknisse, die uns vom mittleren Alter an zusetzen, in Schach halten – das Geheimnis liegt im Handeln, bevor es zu den ersten (oft schrecklichen) Anzeichen kommt. 

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Man könnte dies die Medizin der kleinen Schritte nennen, im US Sprachgebrauch neuerdings als „incremental medicine“ bekannt. Die Meldung über eine Demenzprophylaxe ist da nur die Spitze des Eisbergs. 

Nehmen wir den zunächst seltsamen Befund über Bildung. Experten schätzen, dass die Demenz weltweit um acht Prozent reduziert werden könnte, wenn Kinder bis zum Alter von 15 Jahren in der Schule blieben, einer der größten verhinderbaren Risikofaktoren auf der Liste. Die Begründung liegt weit in der Vergangenheit: Je gebildeter jemand ist, desto mehr Informationen hat das Gehirn gespeichert und desto besser greift es auf das Gelernte zu. Diese Informationsbeschaffung, die bereits in der Kindheit beginnt, führt zu dem, was Neurowissenschaftler als „kognitive Reserve“ bezeichnen, einen Schub für das Gehirn in Form zusätzlicher Nervenverbindungen und -bahnen zwischen den Neuronen. 

Mit diesem Extra lässt sich dem Gedächtnisverlust im Zusammenhang mit Alzheimer und anderen Demenzformen entgegenwirken, da das Gehirn über Extrapfade verfügt, wenn es zu Degeneration oder Ausfällen kommt. 

Gemäß der medizinischen Logik sind es gerade die vielen Hinterlassenschaften, die das Denken verändern. Die Ursachen vieler, wenn nicht der meisten Erkrankungen, liegen in der Vergangenheit. Plötzlich geht es nicht mehr um Einzelfaktoren wie Nichtrauchen, Abnehmen, ins Fitnessstudio gehen oder Stress in den Griff bekommen. 

Es geht um einen nachhaltigen Lebensstil, bei dem die tägliche Selbstfürsorge auf allen Ebenen zählt. 

Nicht zu rauchen, Gewicht zu reduzieren und ins Fitnessstudio zu gehen, haben immer noch ihre Berechtigung. Aber lebenslanges Wohlbefinden ist nicht dasselbe wie das Risiko für Krankheit A oder B zu senken. Deshalb wird nur ein ganzheitlicher Ansatz letztendlich aufgehen. Wohlbefinden ist nicht mehr bloß die Alternative zur regulären Prävention. Nein, Wohlbefinden ist der Eisberg, der Zaunpfahl, der ins Auge springt. Wohlbefinden ist das nächste große Ding. Wenn sich das herumspricht, werden die präventiven Maßnahmen nie mehr so aussehen wie zuvor. Aber um zu begreifen, wie radikal sich die Dinge ändern werden, müssen wir einen Moment innehalten und uns die aktuelle Situation im Gesundheitswesen anschauen. Denn dort droht ein zartes Hoffnungspflänzchen zu verdorren. 

healthstyle   


Bücher des Autors:

The Seven Spiritual Laws of Success

Über den Autor:

Deepak Chopra

Deepak Chopra 

Das Time Magazine zählt Chopra zu den 100 herausragenden Köpfen des 20. Jahrhunderts. Deepak Chopra stammt ursprünglich aus Indien. Als erfolgreicher Internist und Endokrinologe in den USA widmet er sich seit den 1980er Jahren der Suche nach einer ganzheitlichen Medizin. Seine mehr als 80 Bücher wurden in 35 Sprachen übersetzt und insgesamt 20 Millionen Mal verkauft.  

Im Frühjahr 2019 ist sein Buch „Das heilende Selbst. Der Weg zu einem starken Immunsystem und lebenslanger Gesundheit. Mit dem 7-Tage-Programm die Selbstheilung aktivieren“ im Irisiana Verlag erschienen, das er gemeinsam mit Rudolf E. Tanzi geschrieben hat. 

Kontakt: www.deepakchopra.com 

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