Egoismus ist gesund

  • Lesedauer:10 min Lesezeit
  • Beitrags-Kategorie:Persönlichkeit
  • Beitrag zuletzt geändert am:16. April 2023
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Julien Backhaus

Mit dieser Aussage, auch noch als Header, haben Sie vermutlich nicht gerechnet, nicht wahr? Vielleicht treten auf Ihrer Seite sogar innere Widerstände auf bei diesen drei Worten. Nun, dies ist völlig normal, glauben Sie mir. Dennoch vertrete ich die Ansicht, dass Egoismus gesund für jeden einzelnen Menschen ist. Ich werde in diesem Artikel auch gerne meine Thesen ausführen und untermauern.

Was ist eigentlich ein Egoist?

Der Grund, weshalb viele Menschen sofort bei der Überschrift des Artikels Widerstände aufbauen, ist die negative Konnotation der Begriffe „Egoismus“ und „Egoist“. Es ist sehr viel wahrscheinlicher, dass Sie eine negative Interpretation im Kopf haben als eine positive. In unserer Gesellschaft stellt „Egoist“ ein Schimpfwort dar. Es wird immer dann verwendet, wenn man ausdrücken will, dass sich das Gegenüber zu wichtig nimmt und die eigenen Interessen in den Vordergrund rückt. Man solle sich doch zurücknehmen und anderen Menschen und Wünschen den Vortritt lassen, so der gesellschaftliche Grundtenor.

Altruismus an den Tag zu legen, ist das Gebot der Stunde und wird mit Lob belohnt. Egoisten stehen für Radikalität, Rücksichtslosigkeit, Selbstverliebtheit und Ähnliches. Wer möchte da schon mit dem Titel „Egoist“ bedacht werden?!

Ich gebe gerne zu, dass es schlechte Egoisten gibt, die genau für dieses Negativbild stehen. Genauso gibt es jedoch auch gute Egoisten. Die Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen sind frappant, wenn man sich den Hintergrund und die jeweilige Geisteshaltung vor Augen führt.

Gute Egoisten versus schlechte Egoisten

Beide Typen von Egoisten vereint eine Form der Ich-Bezogenheit. Beim einen ist sie jedoch extrem und krank, beim anderen ist sie angemessen und gesund. Die landläufige Meinung im Kontext des Egoismus: Wer egoistisch handelt, ist darauf bedacht, seine eigenen Wünsche und Ziele zu erreichen. Ihm ist es dabei egal, ob andere Personen zurückstecken müssen oder in der Erreichung ihrer eigenen Ziele behindert werden. Kurzum: der Egoist schert sich einen feuchten Kehricht um sein Umfeld.

Dem ersten Satz kann unumwunden zugestimmt werden. Es ist die Aufgabe eines jeden Menschen, eigene Ziele zu verfolgen und sich eigenen Wünschen zu verschreiben. Was wäre es für ein Leben, wenn dem nicht so wäre?

Es ist dabei stets eine Frage, wie man seine eigenen Ziele verfolgt.

Nur, weil eigene Ziele beharrlich verfolgt werden, ist es kein logisch gültiger Schluss, dass dies ausnahmslos auf Kosten anderer geschehen muss, schließlich kann ich meine Träume auch mit anderen gemeinsam erreichen, vielleicht ist dies langfristig auch die einzige Möglichkeit.

Egozentrik als Schimpfwort

Wer, wenn nicht ich, sollte im Mittelpunkt des eigenen Lebens stehen? Es ergibt keinen Sinn, sich selbst zu vernachlässigen und sich einem anderen Menschen, einem anderen Projekt oder Phänomen unterzuordnen. Diese Form der Selbstverleugnung ist eine gefährliche Krankheit, an der viele Menschen leiden. Leider erntet diese Art der Lebensführung jedoch viel Beifall von der Gesellschaft, weil sie missverstanden wird.

Gute Egoisten hingegen verstehen es, sich selbst wichtig zu sein und dadurch die Kraft zu schöpfen, für andere Menschen ebenfalls einen Mehrwert darzustellen.

Es geht dabei nicht um ein „entweder oder“, sondern um ein „sowohl als auch“. Leider werden beide Formen des Egoismus in einen Topf geworfen und folglich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.

Unbändiger Altruismus

Nur, weil es negative Formen eines Phänomens gibt, sollte man nicht das Phänomen als solches verteufeln. Die Gesellschaft leidet genauso, wenn nicht sogar in stärkerem Ausmaß, unter Menschen, die sich selbst aufgegeben haben und überhaupt keine Form der Selbstliebe aufweisen. Es sind diejenigen, die es anderen unter allen Umständen recht machen möchten und dabei unaufhörlich „ausbrennen“ oder „kapitulieren“.

Diese Form der Selbstverleugnung geht oftmals einher mit einem geringen Selbstvertrauen. Wie soll auf dieser Basis eine gesunde Beziehung zu sich selbst aufgebaut werden? Wenn ich selbst nicht mein bester Freund bin, weshalb sollten diesen Job andere Menschen für mich übernehmen? Mit dieser Geisteshaltung bürdet man anderen Menschen viel zu viel auf.

Menschen, die sich selbst geringschätzen, sind dauernd auf der Suche nach Bestätigung von außen. Sie begeben sich in Abhängigkeitsverhältnisse zur Außenwelt. Ein guter Egoist kennt seinen Marktwert, ist überzeugt von seinen Fähigkeiten und weiß, an welcher Stelle er sich selbst verbessern muss. Da er sich selbst ein guter Freund ist, kann er auch ehrlich zu sich selbst sein. Eine herausragende Basis für psychische Gesundheit.

Über das Glück der Altruisten

Wenn es also stimmen würde, dass es glücklich macht, die eigene Agenda eben nicht zu verfolgen, dann müsste doch der Großteil der Menschen von Glück erfüllt sein. Dem ist jedoch nicht so und dies, obwohl Zentraleuropa eines der wohlhabendsten Gebiete dieses Erdballes ist.

Eine Gallup-Umfrage aus dem Jahr 2018 zeigt, dass sich lediglich 15 % der Angestellten wohl fühlen und ganze 71 % sich innerlich schon aufgegeben haben. 5 Millionen Deutsche machen nur mehr Dienst nach Vorschrift.¹

Diese Menschen haben sich innerlich aufgegeben, weil sie eben nicht für sich selbst und ihre Ziele einstehen. Dabei beäugen und beneiden sie Menschen, die genau das tun, die guten Egoisten, welche ihr Lebensglück stets im Auge behalten und so ein positiver Beitrag auch für andere Menschen sein können.

Nur, wer überhaupt etwas hat, kann schließlich auch geben.

Guter Egoismus ist stets auf der Suche nach Win-Win-Situationen

Wie ich bereits ausgeführt habe, beschwört der Egoismus nicht zwingenderweise Win-Lose-Situationen herbei. Es ist ein Irrglaube, dass es für den Egoisten langfristig stets die beste Option ist, Ellbogentechnik zur Anwendung zu bringen. Wer andere dauernd übervorteilt, der sorgt langfristig für Bumerang-Situationen, die sich rächen.

Nur, wer langfristig für stabile und gesunde Partnerschaften – berufliche und auch private – sorgt, der kann seine eigene und die Lebensqualität anderer maßgeblich erhöhen.

Fazit

Ein guter Egoist ist sich selbst wichtig und sorgt daher für sich und seine Balance. Er möchte das Maximum aus seinem Leben herausholen und hat ein gutes Gefühl für sich selbst.

Dies führt dazu, dass er sehr ausgeglichen und erfüllt ist. Diese Ausgeglichenheit ermöglicht es ihm, ein selbstbewusstes und unabhängiges Leben zu führen, ohne um die Anerkennung anderer zu buhlen. Dies nimmt den Druck aus vielen Situationen, da es keine versteckten Machtkämpfe oder Ziele gibt.

Das Umfeld weiß immer, woran es bei einem guten Egoisten ist. Er kommuniziert klar, direkt und authentisch. Dies beginnt stets bei ihm selbst und wirkt sich dadurch positiv auf sein Umfeld aus.

¹ https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/buero-co/merheit-der-arbeitnehmer-haben-innerlich-schon-gekuendigt-15753720.html

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Bücher des Autors:

EGO Gewinner sind gute Egoisten Cover

Über den Autor:

Julien Backhaus

Julien Backhaus ist ein deutscher Medienunternehmer und Bestsellerautor. Er ist Träger des Change Awards und wurde 2019 zum Man of the Year gewählt. Sein aktueller Nr.-1-Bestseller heißt „EGO – Gewinner sind gute Egoisten“.

Kontakt: www.backhausverlag.de

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