Hautgesundheit ganzheitlich betrachtet

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  • Beitrags-Kategorie:Gesundheit
  • Beitrag zuletzt geändert am:1. März 2024
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Carola Bleis

Unser größtes und lebenswichtiges Organ ist die Haut. Was sie braucht, um gesund und schön zu bleiben, und was Kneipp, Ayurveda oder eine Massage der Faszien bewirken können, erfahren Sie in diesem Artikel.

Bei einer Fläche von ca. eineinhalb bis zwei Quadratmetern bildet unsere Haut einen elastischen Schutz, der den gesamten Körper bedeckt. In mehreren Schichten aufgebaut, sorgt unsere Haut unter anderem dafür, dass Krankheitserreger abgewehrt werden. Eine Mischung aus dem Talg der Talgdrüsen sowie dem Schweiß der Schweißdrüsen bildet ihren Säureschutzmantel. Der pH-Wert sollte im leicht sauren Bereich liegen, um z.B. das Wachstum von Bakterien oder Pilzen zu verhindern.

Aber nicht nur als Schutzorgan ist die Haut lebenswichtig, sondern auch als Sinnesorgan spielt sie eine bedeutende Rolle. Im Grunde genommen kann man das eine vom anderen nicht trennen. Thermorezeptoren lassen uns Wärme bzw. Kälte empfinden. Tastkörperchen reagieren auf mechanische Reize, Ruffini-Körperchen z.B. auf Dehnreize. Diese Reize, weitergeleitet an unser Gehirn, sorgen dann, je nach Meldung, für unterschiedliche Reaktionen im Körper.

Altes Wissen

Das Wissen, dass der Körper auf einen Reiz über die Haut mit zahlreichen Reaktionen „antwortet“, nutzt man in der Naturheilkunde mit ihren ganzheitlichen Ansätzen bereits seit vielen Jahrzehnten. Schon Sebastian Kneipp hatte vor ca. 150 Jahren weitreichende Erfolge (neben seiner Pflanzentherapie, gesunder Ernährung, Ordnungstherapie und Bewegung) mit seinen Kaltwasser-Anwendungen, in der Regel waren es Kaltwasser-Güsse.

Kaltwasser-Güsse

Bei einem Knieguss, Schenkelguss, Armguss oder Vollguss wird das kalte Wasser kurzzeitig auf die Haut (Thermorezeptoren) gebracht und sorgt für eine Vasokonstriktion (kurzfristige Arterienverengung) der peripheren Arterien. Nachdem der Kaltreiz beendet wird, tritt eine Vasodilatation (Erweiterung der Gefäße) und damit eine gewollte Mehrdurchblutung, mit allen positiven Wirkungen auf den gesamten Körper, ein: Durch die Blutverschiebung in den Blutdepots, wie Leber und Milz, kommt es zu einer Zirkulation in die Körperperipherie, hierdurch wird auch die Haut besser durchblutet sowie der Lymphfluss aktiviert. Eine Vielzahl von Reaktionen im hormonellen System macht dieses möglich.

Ein Anwendungsbeispiel für einen Kneipp‘schen Knieguss für die Eigentherapie:
Am einfachsten mit einem Duschschlauch ausgeführt, beginnen Sie an der rechten Unterschenkel-Außenseite. Der Wasserschlauch (es soll ein druckloser Wassermantel auf der Haut entstehen) wird langsam an der Außenseite des Beins heraufgeführt und oberhalb des rechten Knies zur Innenseite des rechten Unterschenkels heruntergebracht. Im Anschluss behandeln Sie den linken Unterschenkel in gleicher Weise. Während dieser circa dreiminütigen Anwendung atmen Sie bewusst gleichmäßig ein und aus.
Wirkung: Der Kneipp‘sche Knieguss wirkt durchblutungsfördernd und hautstraffend; er verbessert die Atemtiefe, trainiert die Blutgefäße, beugt damit Krampfadern vor, stärkt das Immunsystem, normalisiert den Blutdruck; besonders niedriger Blutdruck wird schnell ausgeglichen.

Für die Wirkung seiner Therapie nutzte Kneipp zu seiner Zeit keine wissenschaftlichen Untersuchungen oder empirische Studien. Er verließ sich auf sein Erfahrungswissen.

Während sich die Kneipp‘sche Therapie stark mit Kaltwasseranwendungen befasst, ist es im Ayurveda fast das Gegenteil. Hier setzt man auf Wärme:

Ayurveda

Geht man in der Zeit weiter zurück und sucht nach Heilkunde in anderen Teilen der Welt, findet man z.B. zum Ayurveda. Die Lehre vom gesunden langen Leben stammt aus Indien und ist mehr als dreitausend Jahre alt. Sie wurde von Generation zu Generation überliefert und ist zu Teilen mittlerweile bei uns in Europa angekommen. Auch hier nutzt man unter anderem die Hautreaktion, um die Gesundheit zu fördern.

Hautgesundheit wird im Ayurveda ganzheitlich gesehen. Der Ayurveda-Konstitutionstyp wird über die individuelle Ausprägung der drei Doshas ermittelt: Vata, Pitta und Kapha. Jedes dieser Doshas steht für ein Temperament, für die Eigenart einer Person, die Beschaffenheit von Haut und Haar, die Verdauung sowie andere Besonderheiten. Als erstrebenswert sieht es die ayurvedische Heilkunde an, die Doshas möglichst auszugleichen. Es darf zwar eine leichte Dominanz eines Doshas vorherrschen, aber im Grunde strebt die Heilkunde stets nach Ausgleich.

Zum Beispiel werden der Herbst und die Wintermonate ebenso wie die sogenannte dritte Lebensphase dem Vata-Dosha zugeordnet. Vata steht unter anderem für: Unruhe, Beweglichkeit, Kälte, Trockenheit. Diese Begriffe beziehen sich sowohl auf die Natur im Allgemeinen als auch auf den menschlichen Körper:
Die Haut wie auch die Schleimhäute werden trocken und sollen genährt werden, um gesund zu bleiben. Von innen geschieht dies mit warmen, leichtverdaulichen Speisen. Warmer Frühstücksbrei, Gemüsesuppen sowie ähnlich gut Verdauliches mit entsprechenden Gewürzen wie Kurkuma oder Ingwer, um nur wenige zu nennen, helfen, den Körper sowie die Haut gesund zu erhalten. Auch das Trinken der „goldenen Milch“, Milch mit einer Kurkuma-Gewürzmischung, hilft beim Ausgleich der Doshas und fördert die Gesundheit.

Zu den äußerlichen Anwendungen des Ayurveda gehören die Massagen mit warmem Sesamöl oder Fußmassagen mit Ghee, geklärtem Butterfett. Diese wirken nährend, sollen entspannen, den Geist beruhigen und damit den Vata-Überschuss ausgleichen. So bleibt der Mensch gesund.

Ein Anwendungsbeispiel einer klassischen Ayurvedischen Ölmassage-Abhyanga
(Selbstmassage, z.B. am Morgen vor dem Duschen):
Hierzu findet gereiftes (einmalig kurz auf ca. 95° Grad erhitztes) Sesamöl Verwendung. Für die direkte Anwendung bei der Abhyanga-Massage sollte das Öl eine Temperatur von ungefähr 30°-35° Grad haben.

Sie beginnen, Ihr linkes Bein (vom Fußknöchel bis zum Gesäß) mit dem Öl zu „begießen“ und mit großen ausstreichenden Massagegriffen zu behandeln. Danach folgt die Behandlung des rechten Beins in gleicher Weise. Massieren Sie dann den Bauch sowie die Brust. Anschließend folgen die Arme, der Nacken und der Rücken (soweit Sie diesen selbst erreichen). Falls Sie 5 Minuten Zeit finden für eine kurze Ruhepause, damit das Öl einwirken kann, so ist das ganz im Sinne der Ayurveda-Lehre. Abschließend duschen Sie mit warmem Wasser (möglichst ohne Duschgel) das Öl vom Körper ab.
Wirkung: Die Abhyanga-Massage ist ein kurzes Morgenritual mit (Haut)nährender ausgleichender Wirkung.

Gua Sha

Aus der Chinesischen Medizin kommt die Methode des Hautschabens. Gua Sha findet Einsatz, um Schadstoffe aus dem Körper auszuleiten.

Das „Qui“, die Lebensenergie, soll wieder fließen. Intensives Schaben auf der Haut, mit einem flachen Stein-, Holz- oder Horngegenstand, verursacht kleinere Einblutungen in die oberen Schichten von Haut und darunterliegendem Gewebe. Dieser Vorgang aktiviert die körpereigenen Abwehrkräfte und gleicht Dysbalancen aus.

Auch die Methode Gua Sha hat einen ganzheitlichen Ansatz und beruht auf Überlieferungen. Indikationen dieser Reiztherapie:
► Verbesserung der Nierenfunktion
► Anregung des Herz-Kreislauf-Systems
► Aktivierung des Lymphflusses
► Ausleitung von Schadstoffen
► Schmerzlinderung
► Stärkung der Abwehrkräfte
► Entspannung von Bändern, Sehnen, Muskulatur

Diese Methode wird bei uns in Deutschland zurzeit im Wesentlichen mit der Hautverjüngung in Verbindung gebracht. Auch dafür kann man die Gua Sha-Schaber verwenden. Sie sollten dann allerdings mit sanfterem Druck angewandt werden.

Massage mit dem Faszienkamm

Ein neues Tool, um eine Massage der Haut, der Unterhaut und der Faszien durchzuführen, ist der Faszienkamm. Hierbei handelt es sich um ein neu entwickeltes Faszien-Massagetool, das ebenfalls eine sehr einfach durchzuführende Selbstmassage des gesamten Körpers ermöglicht.

Der Faszienkamm stimuliert nicht nur die Hautebene, sondern auch das Unterhautbindegewebe, wodurch es dort zu einer Mikrozirkulation kommt. Die Anwendung kann täglich erfolgen, am besten morgens, und dauert ca. 5-7 Minuten.

Und so funktioniert’s:
Nehmen Sie den Kamm in die rechte Hand und beginnen Sie, diesen mit langsamen, gleichmäßigen „Strichen“ den rechten Unterschenkel entlang aufwärts in Richtung Knie zu ziehen. Danach behandeln Sie in gleicher Weise den rechten Oberschenkel und das rechte Gesäß bis zum unteren Rücken. Wiederholen Sie diese Massagestriche 3-5 Mal. Anschließend führen Sie dieselben Aktionen an Ihrem linken Bein und Gesäß inkl. unterem Rücken aus.

Als nächstes folgt der Bauch: Ziehen Sie dafür den Faszienkamm von oberhalb der rechten Leiste beginnend bis zum unteren Rippenbogen unterhalb der Brust. Die nächste Massagelinie verläuft in der Mitte von unten, beginnend oberhalb der Schambehaarung, über den Bauchnabel wieder bis unter die Brust. Die dritte Massagelinie ziehen Sie, jetzt von links unten, oberhalb der Leiste beginnend, wie auf der rechten Seite, bis hoch zur Brust. Auch hier führen Sie 3-7 Wiederholungen der einzelnen Strichführungen durch.

Anschließend behandeln Sie die Faszien im Bereich der Brustmuskulatur:
Ziehen Sie den Kamm (in der linken Hand) dafür von der Mitte des Brustbeins beginnend (unterhalb des Schlüsselbeins und oberhalb des Brustansatzes) in Richtung rechte Schulter. Nach 3-5 Wiederholungen behandeln Sie die linke Seite des Brustmuskels in gleicher Weise. Den Kamm können Sie dafür in Ihre rechte Hand nehmen.

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Nun massieren Sie Ihren rechten Arm vom Handrücken bis zur Schulter. Nach 3-5 Wiederholungen drehen Sie den Arm und behandeln die Innenseite von der Handinnenfläche bis zur Achselhöhle. Auch hier werden 3-5 Wiederholungen ausgeführt. Danach wird der linke Arm in gleicher Abfolge behandelt.

Abschließend folgt die Massage des Nackens. Dafür legen Sie den Faszienkamm rechts am Hinterkopf an und ziehen ihn mit sanftem Druck nach unten in Richtung Schulter. Achten Sie darauf, dass Sie die Wirbelsäule aussparen und nicht (!) massieren. Nachdem Sie diese Massagestriche 3-5 Mal ausgeführt haben, behandeln Sie die linke Seite des Nackens in gleicher Form. Damit ist die Faszienmassage beendet.
Wirkung: Die Massage mit dem Faszienkamm hält das Fasziengewebe elastisch und wirkt durchblutungsfördernd. Der Lymphfluss wird angeregt, der Stoffwechsel aktiviert. Die Muskulatur sowie die Faszienstrukturen im Nackenbereich entspannen.

Prävention – Vorbeugen ist immer besser

Haut, Faszien- und Bindegewebe sind Flüssigkeitsspeicher. Durch ausreichendes Trinken, am besten geeignet ist Wasser, erhöhen wir die Geschmeidigkeit und sorgen damit für einen (im Wortsinn) reibungslosen Nährstofftransport durch den Körper. Nicht zuletzt trägt das zur Gesunderhaltung des gesamten Körpers bei.

Fazit

So unterschiedlich die Methoden sowohl vom Ursprung als auch von der Tradition sein mögen, so haben sie doch etwas Wichtiges gemeinsam: Sie betrachten den Menschen als Ganzes.

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Über die Autorin:

Portrait Carola Bleis

Carola Bleis ist Physiotherapeutin, Yoga- und Feldenkrais-Lehrerin, Systemischer Coach und Autorin.

Schwerpunkte: Bewegungstherapie, Massage, Wellness

Kontakt: www.faszieology.com

Weitere Literaturtipps zum Thema:

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