Alle reden so undeutlich… und jetzt? 

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  • Beitrags-Kategorie:Gesundheit
  • Beitrag zuletzt geändert am:28. März 2023
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Dabei bleiben | Hörminderung bewusst machen 

Dr. Juliane Dettling-Papargyris 

Sonnenstrahlen, blauer Himmel, das schöne Wetter lockt nach draußen. Freunde und Bekannte treffen sich im Biergarten, tauschen sich über Erlebnisse der letzten Tage, Wochen oder gar Monate aus. Es wird gelacht und die Zeit genossen. Doch dazwischen fällt eine Person auf – ein Mann mittleren Alters. Er ist nicht aktiv am Gespräch beteiligt. Verträumt und abwesend sitzt er dabei. Woran er wohl denkt? 

Irgendwann sprechen seine Banknachbarn den Mann direkt an. Wieder in das Gespräch zurückgeholt, schaut er die anderen Gruppenmitglieder an, spricht mit. Doch immer wieder muss er nachfragen: „Äh, was?“ „Wie bitte?“ „Ich verstehe dich nicht.“ „Was hast du gerade gesagt?“ Scheinbar schweift er mit seinen Gedanken ab, wirkt unkonzentriert. Das Gespräch strengt den Mann ganz offensichtlich an. Es wird ihm zunehmend unangenehm, mehr oder minder passiv dabei zu sitzen, er verabschiedet sich frühzeitig aus der Runde. „Zu Hause wartet noch das Aufräumen der Garage auf mich“, gibt er zur Entschuldigung an. Dann geht er. 

Hörminderung bewusst machen 

Auf dem Weg nach Hause denkt er nach. Reden wirklich alle so undeutlich? Früher haben ihm solche Treffen viel Freude bereitet. Doch nun ist es so anstrengend. In Gedanken vertieft bleibt sein Blick plötzlich an einem Schaufenster hängen. Ein kostenloser Gehörtest, dazu ein Versprechen, durch das Training des Gehörs wieder aktiv am Leben teilnehmen zu können. Sollte das die Lösung sein? Er fühlt sich direkt angesprochen, dennoch rudert er gedanklich zurück: „Aber ich bin doch nicht schwerhörig. Ich bin doch noch jung“, denkt sich der Mann und geht weiter. Nach einigen Wochen, das leidige Thema Hörprobleme vorerst verdrängt, trifft sich der Mann erneut mit Freunden. Wie durch Zufall kommt auch das Thema Schwerhörigkeit auf – die Eltern eines Bekannten müssen sich mit dem Thema befassen. „Bei denen kann ich’s verstehen, die sind ja auch schon ein paar Jahre älter als ich“, ertappt sich der Mann im Gedanken. Doch, so die einhellige Meinung im Gespräch, die ganze Prozedur sei sehr schwierig. Es würde alles nicht viel bringen, die Nutzung von Hörgeräten nur unangenehmen Lärm erzeugen. Der Mann erzählt von dem, was er gesehen hat. Alle sind erstaunt darüber, haben bislang noch keine Kenntnis von einer Gehörtherapie genommen. So etwas wurde den betroffenen Eltern jedenfalls überhaupt nicht angeboten. Positiv bestärkt beschließt der Mann daher, es einfach zu probieren und geht zu dem Geschäft. 

Hören emotional begreifen 

Schon beim Reinkommen merkt er, dass es anders ist, als die Freunde beschrieben haben. Ein freundlicher Mitarbeiter empfängt den Mann. Zu seinem Erstaunen werden ihm nicht sofort Hörgeräte angeboten. Stattdessen nimmt sich der Mitarbeiter viel Zeit, spricht über die aktuelle Situation und Sorgen der Person. Im Gegensatz zu den Geschichten seiner Freunde fühlt er sich mit seinem Problem ernst genommen – nicht nur als potentieller Käufer, sondern vor allem als Mensch mit einem emotional belastenden Problem. Im Anschluss an das Gespräch wird der Mann noch neugieriger, er möchte es wissen. Und tatsächlich: Ein anschließender Hörtest offenbart – ja, es liegt eine Hörminderung vor. „Brauche ich also Hörgeräte?“, fragt der Mann den Mitarbeiter. „Ja, aber das Hörgerät ist lediglich Mittel zum Zweck“, erklärt dieser, „denn gutes Hören findet im Gehirn statt.“ 

Das Gehirn hört mit 

Die Ohren nehmen alle Geräusche der Umgebung auf. Erst das Gehirn filtert wichtige von unwichtigen Tönen und ermöglicht so gutes Hören auch in Gesprächsrunden. Setzt eine Hörminderung ein, wird dieser Filter nicht mehr trainiert. Nun gelangen bestimmte Töne nicht mehr dorthin. Durch ein Hörgerät werden die Töne verstärkt und so wieder komplett an den Hörfilter herangeführt. Dieser kann jedoch mit der plötzlichen Flut an Geräuschen nicht mehr adäquat umgehen – Überforderung, unangenehmer Hörlärm stellt sich ein. 

Dass Hören so komplex und vielfältig ist, war dem Mann bisher nicht bewusst. Ebenso, dass Verstehen und Hören nicht gleich sind, sondern durch Hörfilter Wichtiges von Unwichtigem getrennt wird und dadurch überhaupt erst Unterhaltungen möglich werden.  

Hören – so individuell wie ein Fingerabdruck 

Aufgrund des komplexen Hörvorganges gibt es verschiedene Möglichkeiten der Hörminderung, die über eine Gehöranalyse ermittelt werden. 

Verschiedene Tests ermöglichen am Ende ein ganz genaues Bild der Hörminderung, die so individuell ist wie ein Fingerabdruck. Doch wie kommt es überhaupt zu einer Hörminderung? Durch einen degenerativen Verstärkungsverlust der Ohren kommen weniger Töne an den zuständigen Hörfiltern im Gehirn an. Das hat zur Folge, dass sich die Nervenzellverbindungen zurückbilden. Sie werden schlicht nicht mehr benötigt. Durch mehr Konzentration und Aufmerksamkeit kann die Hörminderung situationsbedingt mal besser, mal schlechter kompensiert werden. 

Hörfitness kann trainiert werden 

Um einer fortschreitenden Hörminderung entgegenzuwirken, ist es unumgänglich, den Abbau der Nervenzellverbindungen zu stoppen. Ein bewusstes Training des Hörfilters setzt genau dort an. 

Um ebendiese wieder zu trainieren und zu stärken, müssen die bereits existenten Verstärkungsverluste ausgeglichen werden. Durch spezielle Übungen mit Trainingshörgeräten lernt das Gehirn nach und nach, wichtige von unwichtigen Tönen zu trennen. Es nimmt dazu die nun verstärkt eintreffenden Töne als normal an, die Höranstrengungen und daraus folgend der Hörstress sinken. 

Der Mann ist begeistert: Bereits wenige Tage nach Beginn seiner persönlichen Gehörtherapie kann er wesentlich besser an den Gesprächsrunden teilnehmen. Nach nur zwei Wochen werden die eigenen Hörgeräte ausgewählt und korrekt eingestellt – er ist wieder hörfit im Alltag, kann den Gesprächen seiner Freunde folgen und geht hochmotiviert seinen liebsten Aktivitäten nach. 

Über terzo® 

„Übung macht den Meister“ – nach dieser Devise lässt sich nicht nur ein Instrument erlernen, sondern auch das Gehör trainieren. Die systematische terzo®Gehörtherapie bietet die Möglichkeit, die Hörfähigkeit Betroffener durch die Kombination aus Gehörtraining und Hörgeräten zu optimieren. Erstmalig angewandt im Jahr 2006, haben mittlerweile über 30.000 Menschen die terzo®Gehörtherapie genutzt. Sie können sich in einem der deutschlandweit vertretenen terzo®-Zentren beraten lassen und für ihre Behandlung aus einem Angebot herstellerübergreifender Hörgeräte aller Leistungsklassen wählen.  

healthstyle   



Zusätzliche Hinweise:

Hörfilter  

Unser Gehirn besitzt die Fähigkeit, Informationen zu sortieren und zu filtern. Die dafür zuständige Gehirnregion ist der Thalamus. Er ist die Sammelstelle für alle Sinneseindrücke (außer dem Geruchssinn) und wird auch als „das Tor zum Bewusstsein“ bezeichnet, da hier Informationen verteilt und gefiltert werden. Auch Hörinformationen werden gefiltert. Nicht alles, was die Ohren weiterleiten, kommt auch zu 100 % in der bewussten Hörverarbeitung an. Tatsächlich werden 70 % der Hörinformationen ausgefiltert und nur 30 % erreichen die bewusste Hörverarbeitung. (Haerkötter, 2001, S. 9)  

In der Fachliteratur werden Hörfilter als Funktionssysteme beschrieben, die gewohnte oder nicht notwendige Töne unterdrücken und ablenken, bevor sie in die Wahrnehmung kommen können (Hesse & Schaaf, 2012). Das ermöglicht uns das selektive Hören, was besonders wichtig ist, wenn wir uns in geräuschvollen Umgebungen befinden. Mit einem intakten Hörfilter können problemlos Unterhaltungen geführt werden, auch wenn es rundherum sehr belebt zugeht. Und diese Funktion schützt auch vor zu viel akustischem Input und somit vor einer Reizüberflutung. 

Liegt eine Hörminderung vor, geht diese Fähigkeit verloren. Der Filter arbeitet nicht mehr richtig und Betroffene haben primär Probleme mit dem Verstehen in geräuschvoller Umgebung.

Gehöranalyse mit terzo®  

Entgegen üblicher Erwartungen, werden den Betroffenen bei der terzo®Gehöranalyse keine vorgegebenen Töne und Lautstärken vorgespielt. Sie können die Lautstärke selbst regeln, bis sie den Ton wahrnehmen – ein völlig neues und sehr angenehmes Gefühl. Insgesamt drei kurze Tests werden unter fachmännischer Leitung durchgeführt. Anhand eines ausführlichen Protokolls dokumentiert der terzo®-Akustiker die vorhandene Hörleistung. In einer weiterführenden Beratung kann der Betroffene schnell selbst erkennen, wo welche Handlungsmöglichkeiten liegen und welche Chancen er nutzen kann. Basierend darauf werden passende Trainingshörgeräte angepasst. Der eigens geschulte Akustiker erklärt genau, in welchen Frequenzen welche Verstärkungen vorgenommen werden und welche Auswirkungen das auf das Verstehen hat. Wichtig dabei ist das ganztägige Tragen der Hörgeräte, um die Höranstrengung zu reduzieren. Zum Abschluss werden Abformungen der Ohren genommen, damit die individuellen Ohrpassstücke der Trainingshörgeräte bis zum Trainingsanfang erstellt werden können. Nur zwei Wochen dauert der Weg über die terzo®Gehörtherapie zum perfekt angepassten Hörgerät und letztlich mehr Lebensqualität. Denn Lebensqualität ist dazugeHÖREN! 

Weitere Infos:  
www.terzo-zentrum.de

Über die Autorin:

Dr. Juliane Dettling-Papargyris ist wissenschaftliches Gesicht und Leiterin des terzo®-Instituts für angewandte Gehörforschung. Seit über 10 Jahren hat sie sich den Themen Hörforschung und gutes Hören in all seinen Facetten verschrieben. Als Doktorandin und Mitarbeiterin des Hörforschungszentrums Tübingen legte sie den Grundstein für ihre fachliche Expertise. Ihr Credo: „Hören ist Lebensqualität“. 

Kontakt: www.terzo-zentrum.de 


 

Mehr zum Thema 

  • Haerkötter, C. (2001). Kognitive Verhaltenstherapie bei chronischem Tinnitus: Evaluation neuer Ansätze. Eine Studie zu potentiellen Therapieeffekten verbesserter Edukation und apparativer Versorgung mit therapeutischen Rauschgeneratoren. Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Sozialwissenschaften in der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften, Eberhard-Karls-Universität, Tübingen.
  • Hesse, G., & Schaaf, H. (2012). Manual der Hörtherapie (Bd. 1). Stuttgart: Georg Thieme-Verlag KG.
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